Eine faszinierende Bootsfahrt von Peniche zu den einsamen Berlenga-Inseln

Von einer uralten ehemaligen Felseninsel mit den Nachfahren der portugiesischen Seefahrer weit hinaus auf den Atlantik schippern

Seit dem 15. Jahrhundert waren die Portugiesischen Seefahrer auf allen Ozeanen unterwegs, um durch Handel und Kolonialisierung die kriselnde Wirtschaft des kleinen Königreiches zu stärken. Vor allem im 16. Jahrhundert führten diese Expansionsbestrebungen zur höchsten Blüte Portugals, natürlich auf Kosten der Lebensqualität unzähliger Menschen in den kolonialisierten Ländern. Die herausragenden technischen Leistungen, die vor allem unter Heinrich dem Seefahrer zu Beginn des 15. Jahrhunderts erreicht werden konnten, haben den Portugiesen ein umfangreiches Wissen über die Seefahrt eingebracht. Bis ins 16. Jahrhundert hinein galten sie als die führende Handels- und Seemacht. Noch heute schauen die Portugiesen gerne auf diese Zeit zurück, denn Portugals Ruhm konnte nie mehr an diese Epoche anknüpfen.

Bei all unseren Reisen durch Portugal treffen wir immer wieder auf Relikte dieser Zeit. Seien es die wunderschönen, im Stil der Manuelinik erbauten Klöster und Paläste, auf denen Ihr bis heute die Geschichten aus der Zeit der Entdeckungsreisen in fantastischer Bildersprache ablesen könnt oder die zahlreichen Denkmäler der großen Entdecker, die im ganzen Land aufgestellt zu finden sind. Nicht zuletzt das Padrão dos Descobrimentos in Belém, an dem der Portugiesische Faschismus unter Salazar in den 1960er Jahren der großen Zeit Portugals gedachte.

Angesichts einer so weit entwickelten Seefahrerei, sucht man heute relativ vergeblich nach Möglichkeiten, auf den allgegenwärtigen Atlantik hinaus zu fahren, denn die meisten portugiesischen Inseln, namentlich die Azoren und Madeira mit den kleinen Schwesterinseln der Ilhas Desertas und Porto Santo, sind viel zu weit von Portugal entfernt, um mit einer Fähre dorthin überzusetzen. Nahe am Festland gibt es eigentlich neben den kleineren Inseln der Algarve, z.B. der Ilha da Armona und der Ilha da Culatra, kaum Inseln, zu denen man eine nennenswerte Bootsfahrt unternehmen kann. Abgesehen allerdings von den Berlengas, die etwa 9 Kilometer vor der wilden Felsenküste von Peniche aus dem Ozean ragen und dauerhaft von nur sehr wenigen Menschen bewohnt werden. 

Da die knapp vierzigminütige Überfahrt von Peniche auch im Sommer oft mit erstaunlicher Schaukelei verbunden ist, sind sogar viele Ortsansässige nie oder nur selten auf die Berlengas geschippert. Das wellenfreudige Meer lädt hingegen viele Surfer ein, die Strände rund um Peniche zu besuchen. Auch für uns war die Überfahrt an einem vergleichsweise schönen Augusttag eine nicht allzu entspannte Seekrankheitserfahrung. Unsere Kinder haben sich jedoch wohlgefühlt und begeistert die vorbei gleitenden Felsformationen der Peniche-Halbinsel beobachtet. Diese gehen darauf zurück, dass Peniche bereits als Insel existierte, als das heutige Festland noch gar nicht vorhanden war. Erst im Mittelalter wurde Peniche langsam zu einer Halbinsel (bei Ebbe) und ab dem 18. Jahrhundert war sie dann endgültig mit dem Festland verbunden.

Während die Kinder schließlich schlummern und die Erwachsenen gequält vor sich hinstarren, fixiere ich mit meinem Blick den Horizont und kann so vermeiden, dass auch mich die Seekrankheit endgültig erfasst. Dann erreichen wir endlich die Hauptinsel der Berlengas, erspähen bereits das Fort São João Baptista und landen schließlich am kleinen und trotzdem erstaunlich geschäftigen Hafen Porto da Berlenga an, der in einer schluchtartigen Bucht auf der ruhigeren Ostseite der Insel erbaut wurde. Die zu neuem Leben erwachten Kinder stürmen nun an dem kleinen befestigten Weg über Brücken, an einer Grotte vorbei zum schönsten Strand der Insel, dem Praia da Berlenga Grande, der von steilen Felswänden eingefasst sehr idyllisch am Ende der Schlucht auf uns wartet. Der Sand hier ist herrlich feinkörnig und der Zugang zum Meer ist sehr flach. Man sieht Fische im Wasser und kann von hier aus bequem in die umliegenden Grotten schwimmen oder schnorcheln. Die Nähe zum Hafen nötigt aber zu erhöhter Aufmerksamkeit.

Oberhalb des Strands erreicht man über einen steil ansteigenden Weg den Campingplatz. Leider ist dieser wegen der Corona-Pandemie in diesem Jahr geschlossen. Sonst stellen wir uns eine Übernachtung hier oben über dem Ozean und nahe an brütenden Möwen sehr romantisch vor. Das Licht des Leuchtturms gleitet hin und wieder über die Hänge und man hört nur den Ozean und die Möwen. Von einem Freund habe ich jedoch gehört, dass im Sommer nicht nur die vielen Jugendlichen aus der Umgebung, die zum lautstarken Party-Camping hierher kommen die Idylle zerstören könnten, sondern auch die schwarzen Ratten, die nachts an den Zeltwänden hochklettern und fröhlich wieder hinab rutschen.

Wir spazieren weiter zu der kleinen Bar oberhalb des Hafens im einzigen Ort auf den Berlengas mit einer hübschen Terrasse und einem angeschlossenen Minisupermarkt: Castelinho Micro Market. Es gibt hier auch ein Restaurant Mar e Sol, was einen guten Ruf hat, nicht sehr preiswert sein soll, aber auch dieses ist in diesem Jahr geschlossen. Es befindet sich übrigens an der Stelle, wo 1513 ein Kloster der Jerónimo-Bruderschaft mit Unterstützung der damaligen Königin Leonor de Avis errichtet worden war, um sich um die zahlreichen Opfer der Schiffbrüche auf den Berlengas zu kümmern. Allerdings wurde es von Piraten und Korsaren so häufig angegriffen, dass es schon ein paar Jahrzehnte später wieder aufgegeben werden musste.

Wir machen uns nun auf den Weg in Richtung Leuchtturm und Fort São João Baptista. Ein gemütlicher Weg mit viel Aussicht, vorbei an nistenden Möwen und immer wieder davon flitzenden Gecko-Eidechsen führt den Hang hinauf. Schilder warnen davor, die Wege zu verlassen und den Möwen zu nahe zu kommen, da diese sich anscheinend energisch zu verteidigen wissen. Kormorane fliegen über uns hinweg, die kleinen Airos, die Pinguinen ähneln und als Wappentier für das Naturschutzgebiet herhalten, haben wir leider nicht zu Gesicht bekommen. Ebenso wenig, wie die Wildkaninchen, wegen denen König Don Afonso V. im 15. Jahrhundert den ganzen Archipel zum Schutzgebiet erklären ließ, um diese hier dann nach Belieben jagen zu können. 

Der völlig auf Solarbetrieb umgebaute Leuchtturm ist anscheinend auch besuchbar, war allerdings geschlossen, als wir ihn passierten. Kurz darauf beginnt der Abstieg zum Fort. Dieser ist leider mit jüngeren Kindern nicht ganz ungefährlich. Der Blick hinab auf die kleine Insel, auf der es aus den Steinen des ehemaligen Klosters erbaut wurde und auf die einfachen Brücken, die es mit der Hauptinsel verbinden ist jedoch märchenhaft, beinahe unwirklich.

Das Fort, 1655 erbaut, hat sich viele Male als sehr widerständig erwiesen. Bereits 1666, als Spanien die gerade frisch in Frankreich mit König Afonso VI. vermählte Prinzessin Dona Maria Francisca de Sabóia entführen wollte, haben 28 Portugiesen in der Festung eine riesigen Übermacht von Spaniern aus Cadiz über Tage erfolgreich abwehren können und vielleicht nur wegen des Verrats eines Überläufers, der den Spaniern mitteilte, dass die Munition der Portugiesen fast aufgebraucht war, wurde die Festung schließlich doch eingenommen. Die Entführung der neuen Königin konnte aber dennoch erfolgreich abgewendet werden.

Heute beherbergt das Fort ein Gästehaus, das von der Associação Amigos das Berlengas betrieben wird. Man kann hier sehr preiswert in einfachen Doppel- oder Mehrbettzimmern übernachten, die sicherlich alle einen Blick zum Ozean bieten. Das Fort verfügt auch über einen Minimarkt und ein einfaches Cafe, in dem man hin und wieder auch einfache Gerichte bekommt. Der Innhof ist magisch, das Dach begehbar und das gesamte Fort sicherlich einen längeren Aufenthalt wert. Die ganze Anlage wirkt sehr rustikal, aber dadurch auch in gewisser Weise sehr authentisch und Ihr könnt hier wunderbar der ereignisreichen Vergangenheit und der Einsamkeit der Insel nachspüren. 

Die Berlengas zu besuchen, gehört in Portugal sicherlich zu den herausragenden Familienabenteuern. Mich hat die Insel immer wieder an die Galapagos-Inseln erinnert. Wir fühlten uns mittendrin in der maritimen Natur des atlantischen Ozeans. Und gleichzeitig lag die portugiesische Geschichte greifbar nahe vor uns. Berlenga Grande gehört zu den wunderbaren Inseln, auf denen kein Straßenverkehr die Ruhe stört und Ihr könnt mit Euren Kindern entspannt überall hinwandern. Allerdings gibt es unzählige unbefestigte Abgründe und Ihr müsst dann doch zumindest auf Eure jüngeren Kinder acht geben.

Wenn Ihr über Nacht bleiben könnt, dann ergeben sich viele Möglichkeiten, die Insel noch intensiver zu erkunden. Es werden Glasbodenboot-Touren angeboten, Ihr könnt in die Grotten hinein schwimmen, mit dem Kayak hinein rudern, oder Euch gemütlich hineinschippern lassen. Ihr könnt wunderbar schnorcheln, denn es gibt eine große Vielfalt an Meerestieren rund um die Berlengas, unter anderem auch Delfine und Schnabelwale.

Wetterverhältnisse:
In Peniche ist das Wetter eigentlich fast immer bedeckt und kühl. Auf den Berlengas herrscht dagegen häufig etwas besseres Wetter. Trotzdem solltet Ihr für die Überfahrt unbedingt warme Kleidung mitbringen, auch Badesachen und zusätzliche Wechselwäsche sind zu empfehlen, denn bei den Überfahrten in den kleineren Booten kann man schnell mal einen feuchten Sitzplatz bekommen.

Überfahrt:
Kleine Boote brauchen ca. 40 Minuten, Schnellboote 25 Minuten, letztere sind wahrscheinlich auf Grund der kürzeren Überfahrt zu empfehlen. Ihr solltet die Boote unbedingt schon am Vortag buchen, da im Sommer schnell alle Boote ausgebucht sind.
GPS Hafen: 39.353177, -9.378782
Parkmöglichkeiten vorhanden, z.T. auch für Wohnmobile.

Anbieter:
viamar-berlenga.com/en/
www.feelingberlenga.pt
berlengatours.com
Überfahrten sind nur zwischen Juni und September möglich.

Unterwegs auf den Inseln:
Angesichts der mangelhaften Einkaufsmöglichkeiten solltet Ihr ausreichend Getränke und Speisen mitbringen. Ein Kinderwagen ist nicht empfehlenswert, ein Tragetuch für kleinere Kinder auf jeden Fall.

Unterkünfte:

Fort São João Baptista: Associação Amigos das Berlengas
Facebook: facebook.com/aaberlenga
Email: berlengareservasforte@gmail.com
Telefone: +351 262 750 244 / +351 910 246 232

Camping Berlenga Grande
Email: campismo.berlenga@cm-peniche.pt
Telefon: +351 262 789 571

Bed & Breakfast:
Mesa da Ilha e Berlenga Bed & Breakfast
Facebook: facebook.com/Mesadailha/
Email: berlengabedbreakfast@gmail.com
Telefon: +351 262 148 099
Telefon: +351 969 395 763

Bed & Breakfast:
Pavilhão Mar e Sol
Restaurant und 6 komfortable Zimmer
Email: restaurantemaresol@gmail.com
Telefon: +351 262 750 331 / +351 919 543 105

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1 Comment

Angela 15. Mai 2021 - 22:11

Das klingt ja nach einem coolen Geheimtipp! Die Insel sieht sehr karg aus. Solche Landschaften mag ich ja gern. Und zu einer Höhle zu schwimmen ist ja ein echtes Highlight.
Vielen Dank für den tollen Tipp!
Angela

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