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Die größten Wellen der Welt in Nazaré bestaunen

Vom beeindruckenden Rand des Felsmassivs hinab auf das ehemalige Fischerdorf blicken, zum Farol da Nazaré spazieren und den Nervenkitzel spüren, wenn gigantische Wellen und mutige Surfer*innen in einem spektakulären Duell aus Kraft und Können aufeinandertreffen

Immer wenn wir irgendwo auf der Welt gefragt werden, woher wir kommen und Portugal erwähnen, weiß man über zwei Themen mit uns ins Gespräch zu kommen: Zuerst natürlich über Ronaldo, den wirklich jeder auf der Welt kennt, dann aber auch immer über die Riesenwellen von Nazaré. Während ersterer inzwischen fast das Ende seiner Laufbahn erreicht, lassen letztere nicht nach und nehmen auch weiterhin an Berühmtheit zu. Als wir jedoch 2012 zum ersten Mal in Nazaré sind, bleiben uns die Riesenwellen, obwohl bereits relativ bekannt, doch vollkommen verborgen. Fragt mich nicht, warum! Nazaré hatte allerdings auch vor deren Bekanntwerden schon viel zu bieten. Allem voran sicher der spektakuläre Ausblick vom Ortsteil Sítio de Nossa Senhora da Nazaré hinab auf die Dächer des weit unten liegenden Stadtviertels, neben goldenem Strand und wildem Ozean.

Miradouro do Suberco

Bis 1912 hieß Nazaré noch Pederneira, ein Name, der an die Abhängigkeit des Ortes vom nahen Alcobaça erinnerte. Nach einer Legende wurde ein Ritter, der einen Hirsch jagte, im Jahr 1182 vor dem Sprung in den Abgrund von Maria (von Nazaret) gewarnt und gerettet, weshalb er ihr eine Kapelle erbaute. Der Hufabdruck des Ritterpferdes ist bis heute sichtbar, direkt neben dem Miradouro do Suberco. Der Hirsch entpuppte sich als der Teufel selbst. Seit dem 16. Jahrhundert war Nazaré einer der wichtigsten Marienwallfahrtsorte Europas und besonders im 18. und 19. Jahrhundert kamen viele Pilger*innen hierher. Daher beschloss man die Stadt schließlich Nazaré zu nennen, um noch stärker ihre religiöse Bedeutung hervor zu heben.

Veado in Nazaré

Inzwischen wird aber ein ganz anderer Gott in Nazaré verehrt. Keine 300 Meter entfernt vom vielbesuchten Absprungort des satanischen Hirsches steht jetzt die riesige Figur Veado, halb Mensch, halb Hirsch mit einem Surfbrett, bereit sich über die gigantischen Wellen zu erheben, die im Winter auf den Nordstrand herein donnern. Und an ihm vorbei pilgern nun Hunderte von Neugierigen, die aus aller Welt wegen der Wellen und Surfer*innen hierher kommen. Vor 2011 waren die Riesenwellen wohl fast nur den Fischern der Umgebung bekannt, die im Kampf mit ihnen bei der Rückkehr in den heimischen Hafen nicht selten ihr Leben verloren. Erst mit Garrett McNamara’s Guinness-Weltrekord, er surfte damals als erster eine Welle von 24 Metern Höhe, erlangten die größten Wellen der Welt endlich die ihnen gebührende Aufmerksamkeit.

Farol da Nazaré

Im Jahr 2013 bezwang McNamara wahrscheinlich eine mit 30 Metern noch höhere Welle, das konnte jedoch nie offiziell bestätigt werden, weshalb dieser Rekord nie anerkannt wurde. McNamara lebt heute mit seiner portugiesischen Frau und seinen Kindern in Nazare und engagiert sich sehr in der dortigen Surf-Community, auch gerade für den Natur- und Umweltschutz: “Wir sind nicht hier, um den Ozean zu bezwingen. Wir sind hier, um eins mit ihm zu sein.”, lautet sein Credo.

Im Oktober 2020 gelang es dem deutschen Sebastian Steudtner, eine Welle von 26,41 Metern zu surfen, was bis heute als Weltrekord gilt. Leider kam es in den letzten zwei Jahrzehnten auch immer wieder zu Unfällen, in einigen Fällen gingen diese glimpflich aus, im Jahr 2023 verunglückte der brasilianische Big Wave-Surfer Márcio Freire allerdings tödlich. Am Praia do Norte sind die Wellen so kräftig und gefährlich, dass dort nur sehr erfahrene Surfer auf ihre Bretter steigen sollten. Auch ist es kaum möglich, sich paddelnd in die Riesenwellen zu begeben, stattdessen ist das sogenannte „Tow-In-Surfen“ hier fast immer die einzige Option. Die Surfer lassen sich an Jet-Skis oder manchmal auch an Helikoptern in die Wellen hineinziehen und werden nach dem irren Ritt auf der Wellenfront von den Jet-Skis auch wieder aufgesammelt und in die nächste Welle hinein gezogen.

Ihr könnt das alles entspannt und ziemlich gefahrlos beobachten, wenn Ihr Euch am Nordstrand niederlasst und dem emsigen Treiben in den riesigen Wellen vor Euch zuschaut. Diese Naturgewalt zu sehen und die Menschen, die sich ihr immer wieder aussetzen, erzeugt schon beim reinen Beobachten erheblich Adrenalin, wie wir begeistert festgestellt haben. Direkt neben dem Felsen, auf dem die Festung steht, findet Ihr übrigens die Gruta Forno de Orca, eine oben offene Höhle, in die Ihr seitlich vom Strand aus hineinspazieren könnt. Das Fort selbst ist heute vor allem als Surfmuseum eingerichtet. Wenn Ihr ganz nach oben auf das Dach klettert, habt Ihr einen fantastischen Blick auf den Nordstrand, und vor allem auch auf die Konvergenzzone am Canhão da Nazaré, wo die riesigen Wellen sich kraftvoll erheben.

Blick vom Forte de São Miguel Arcanjo auf den Nordstrand

Der unterseeische Nazaré-Canyon ist sagenhafte 230 Kilometer lang und zum Teil bis zu 5 Kilometer tief, bevor er auf die Küste trifft, windet er sich an den Berlenga Inseln vorbei und presst das Wasser schließlich wie ein Trichter zum Nordstrand. Hier kommen oft noch weitere Wellen und Strömungen hinzu, die vor allem im Winter zusammen für optimale Bedingungen für lange und kräftige Wellen sorgen.

Wenn Ihr Euch endlich satt gesehen habt, solltet Ihr wieder hinauf zum Ortsteil Sitio spazieren und Euch den Fußabdruck des Pferdes am Miradouro do Suberco ansehen und in die kleine Kapelle hinein spazieren. Im Untergeschoss findet Ihr die vermutlich über 1200 Jahre alte Muttergottesfigur, die der Legende nach von Josef selbst geschnitzt und vom Evangelisten Lukas bemalt wurde, wahrscheinlicher aber durch König Rodrigo von Asturien im 8. Jahrhundert nach Nazaré gelangte. Wegen dieser Figur pilgern auch heute noch viele Katholiken genau hierher.

Nossa Senhora da Nazaré

Vom Miradouro do Suberco führt dann ein schöner Weg am Hang hinab zur Unterstadt. Unterwegs passiert Ihr eine hübsche Schaukel mit Weitblick, eine Bank mit Aussicht, ein ungewöhnliches Katzenhaus und schließlich eine gemütliche Ecke mit Bänken und Ausblick auf den Ozean. Für unsere Töchter gibt es hier überall etwas zu sehen und zu erleben.

Wir speisen gemütlich in einem der zahlreichen Restaurants und spazieren dann zum Strand. Im Sommer ist es hier sehr voll, aber obwohl der Canyon genau vor diesem Strand endet, ist die Brandung hier im Sommer eher nicht problematisch. Anders im Winter, wo auch hier kräftige Wellen auf den Strand einstürzen.

Wir spazieren weiter zu den Fischerbooten, über deren Nutzung gut aufbereitet informiert wird. Gleich daneben finden sich die Anlagen zum Trocknen der Fische und meist auch ein paar Stände der berüchtigten Fischerfrauen, die mit ihren sieben Röcken wirklich sehr archaisch auf uns wirken.

Da der Fischfang hier früher stets mit großen Gefahren verbunden war, nutzten die Frauen oft Gesten und Tücher, um ihren Männern anzuzeigen, wann das Meer sich kurz beruhigt hatte und sie sicher zurückkehren konnten. Solche Veränderungen waren vom Wasser aus nicht erkennbar, weshalb die Signale der Frauen für die Fischer überlebenswichtig waren.

Wir besuchen schließlich die Fotoausstellung im Centro Cultural, die den mutigen Fischerfrauen von Nazaré gewidmet ist. Gleichzeitig entsteht dort mit viel Liebe zum Detail eine beeindruckende Weihnachtskrippenlandschaft. Solche Krippenlandschaften haben im tiefgläubigen Nazaré eine lange Tradition und werden auch an anderen Orten, wie etwa an der Bergstation der Standseilbahn, jedes Jahr im Dezember gemeinsam aufgebaut.

Fischerfrauen in Nazaré

Für Eure Planung

Bevor Ihr Euch auf den Weg macht, schaut Euch hier die Wellenvorhersage für den Nordstrand von Nazaré an. Die Wellen können dann durchaus dreimal so hoch sein, wie hier angekündigt.

Hier findet Ihr den Fußabdruck des Ritterpferdes. Der Weg, den der Ritter mit seinem Pferd genommen haben soll, wurde übrigens von der Kirche Santuário de Nossa Senhora da Nazaré mit roten Pflastersteinen markiert.
Standseilbahn: Ascensor da Nazaré (eine der steilsten der Welt)
Alle Surf-Weltrekorde von Nazaré auf Youtube.
Das Forte de São Miguel Arcanjo mit dem Leuchtturm Farol da Nazaré findet Ihr hier.
Achtung: Auf dem Dach des Forte de São Miguel Arcanjo sind wie so oft in Portugal keine Geländer angebracht. Hier solltet Ihr unbedingt auf Eure Kinder Acht geben, damit sie nicht hinab fallen.
Parken könnt Ihr übrigens normalerweise ganz gut am Nordstrand selbst, oder im Stadtteil Sitio, zum Beispiel hier.

Surf-Wetterbericht von Nazaré


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Möwe am Strand von Nazaré
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6 Kommentare

Mike 24. Dezember 2024 at 15:45

Hallo Jens

Wir waren vor zwei Jahren dort, während unser einjährigen Elternzeit Reise. Noch am 2 Kilometer entfernten Supermarkt, haben wir die Wellen gehört. Bei uns damals 5 m hoch. Beeindruckend.

Mike

Antworten
Jens 27. Dezember 2024 at 21:36

Ja, Mike, die Wellen sind wirklich beeindruckend, sogar dann, wenn es keine Riesenwellen sind. Im Winter ist Nazaré zudem ein wirklich hübsches, relativ entspanntes Städtchen, wenn man mal von den Besucherströmen beim Farol da Nazaré absieht.

Antworten
Katja | hin-fahren.de 23. Dezember 2024 at 20:20

Hallo Jens,
den Ort kenne ich gut und an die Fischerfrauen und die getrockneten Fische kann ich mich sehr gut erinnern. Die Wellen haben wir aber nicht gesehen, war wohl die falsche Jahreszeit. Danke für die eindrucksvollen Fotos und Eindrücke.
LG Katja

Antworten
Jens 27. Dezember 2024 at 21:40

Hallo Katja,
die Wellen sind nur im Winter so stark. Man muss auch etwas Glück haben, oder sogar den Wetterbericht verfolgen und dann kommen, wenn die Bedingungen alle optimal sind. Meist zwischen November und Februar. Wir sind eher zufällig auf relativ hohe Wellen gestoßen, aber das waren noch lange keine Riesenwellen.
Herzliche Grüße,
Jens

Antworten
Gabriele Tröger 23. Dezember 2024 at 11:22

Cooles Thema, Jens. Irgendwann werden wir es hoffentlich auch mal hinschaffen, steht schon länger auf unserer Liste. Sehr cool übrigens auch dein Aufmachervideo, das macht echt was her. Hat das keine (negativen) Auswirkungen auf die Ladezeit der Seite?
Herzliche Grüße, Gabi und Michael

Antworten
Jens 27. Dezember 2024 at 21:47

Ja, die Wellen müsst Ihr beiden Euch unbedingt einmal ansehen. Für mich war das ein eher unerwarteter, aber vielleicht auch deshalb so fesselnder Anblick. Wir wollen unbedingt nochmal kommen, wenn es mal so richtige Riesenwellen gibt. Was die Ladezeit des Beitrags angeht, so ist diese vermutlich wirklich unter bestimmten Bedingungen recht schlecht, aber hier konnte ich nicht anders, als ein Video einbinden, damit sofort klar wird, wie es am Nordstrand im Winter zugeht. Bei anderen Webseiten wäre ich da durchaus vorsichtiger, aber in diesem Blog kommen die Leute hoffentlich mit etwas mehr Zeit vorbei und kriegen dann auch hier und dort mal ein Video geboten. Herzlichst, Jens

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