Wohnen wie vorgestern, entspannt wandern und uralte Vulkane erforschen
Wenn Ihr von Lissabon auf der kurvenreichen A8 nach Norden fahrt, durchquert Ihr nach etwa einer halben Stunde eine Gegend voller imposanter Vulkankegel, die unübersehbar aus der flachen Landschaft heraus ragen. Dieses seit langem friedliche Vulkangebiet erstreckt sich von der Serra de Sintra bis hinauf nach Mafra und sogar noch etwas weiter. Zwischen diesen alten Vulkankegeln in einem abgeschiedenen Seitental des Rio Lisandro, am Rande einer Hochebene findet Ihr ein ausgesprochen hübsches Juwel Zentral-Portugals, das kleine Dorf Mata Pequena, dass sich im Wesentlichen auf eine Dorfstraße beschränkt und Euch und Euren Kindern eine magische Zeitreise ins 19. Jahrhundert ermöglichen möchte, die Ihr keinesfalls verpassen solltet.
Gemächlich und fast etwas schwerfällig springen die Pfauen über das sonnenwarme Dach, landen vor dem alten Haus und der größte von ihnen zeigt stolz seinen gewaltigen augenreichen Schwanz. Viel später in der Dunkelheit lässt sich ein unscheinbarer, leichter Vogel auf dem noch immer warmen Dach nieder und singt ein Lied so vieltönig und wohlklingend, dass wir nicht in den Schlaf finden möchten.
Sobald Ihr die alte Dorfstraße erreicht, an dessen Seiten sich hübsche weiß gekalkte Häuser mit den traditionellen, farbigen Verzierungen schmiegen, auf deren Dächern Kürbisse liegen oder über welche Pfaufamilien klettern, und an deren Wänden alte Fahrräder gelehnt sind, kehrt Ihr der modernen Zeit den Rücken und begebt Euch in ein Dorf, wie es sie früher unzählige gegeben haben muss, mit Stallungen, Backöfen, Getreidespeichern und einem urigen kleinen Restaurant.
Die Häuser sind sehr unterschiedlich geschnitten und eingerichtet, auch hier wurde darauf geachtet, möglichst, originale Möbelstücke zu verwenden und dieser Wunsch nach Authentizität zeigt sich in den kleinsten Details, wie Lampen, Schaltern und der Tatsache, dass Fernseher zwar vorhanden, aber immer hinter Vorhängen oder in Schränken versteckt sind. Die Häuser wirken trotzdem ausgesprochen gemütlich, da die Innenausstattung derselben mit viel Sinn für Farben und Material erfolgte, und eben kein bisschen verstaubt, wie man es vielleicht von einem Museumsdorf erwarten würde.
Vor den Häusern gibt es steinerne Vorgärten mit tollen Sitzgelegenheiten für sonnige Frühstücksfreuden, entspannte Spielnachmittage oder lauschige Sommerabende. Da es in diesem Dorf auch keine Durchgangsstraße gibt, können Eure Kinder auch auf der Dorfstraße spielen, während Ihr es Euch auf einer der Bänke bequem machen dürft und mit den freundlichen Nachbarn ins Gespräch kommen könnt.
Die sehr liebenswerten Gastgeber Ana und Diogo haben die Häuser in den letzten 20 Jahren eines nach dem anderen rekonstruiert und ein wirklich idyllisches Ambiente geschaffen. Es gibt einige typische Haustiere (Esel, Schweine, Kaninchen, Pfauen, Truthähne, Gänse, Hühner, Ziegen), die Eure Kinder mit Diogo füttern dürfen und ein schönes Tal, in das man direkt hinein wandern kann. Unten im Tal kann man einen kleinen Fluss durchwaten, dann auf der anderen Seite zum nächsten Dorf (Mata Grande) hinauf wandern und schließlich über einen anderen schönen Weg vorbei an hübschen Tiertränken und alten Waschplätzen zurück nach Mata Pequena gelangen.
Eine weitere kleine Wanderung führt zu dem erloschenen Vulkan Penedo do Lexim, der in der Vergangenheit als Basalt-Steinbruch genutzt wurde und wo auch Hinweise auf eine Siedlung aus der Jungsteinzeit angefunden wurden.
Ganz in der Nähe findet Ihr Mafra mit seinem übergroßen Palácio Nacional, dessen Bau der portugiesische Literaturnobelpreisträger Jose Saramago in seinem Roman Das Memorial verewigt hat. Neben dem Palast gibt es einen schönen Park mit Spielplätzen, den Jardim do Cerco, und ganz in der Nähe den Nationalpark Tapada Nacional de Mafra, in dem man erstaunlich viele Wildtiere beobachten kann, die allerdings auch nicht vollkommen frei hier leben.
Der Park wurde früher von der königlichen Familie und dem portugiesischen Adel zur Jagd genutzt und steht leider auch heute noch Hobbyjägern zur Verfügung. Angesichts der vielen Rehe, Hirsche und Wildschweine, die dort ziemlich zutraulich zusammenstehen, braucht man für diese Jagd vermutlich keinerlei Schießfertigkeiten, sondern nur ein kaltes Herz.
Wenn nicht gerade Jagdtage abgehalten werden, kann man im Park wandern, oder mit einer etwas lauten und unbequemen „Eisenbahn“ durch ihn hindurch fahren. Es werden auch noch zahlreiche weitere Aktivitäten für die ganze Familie angeboten.
Diogos Großvater war übrigens der in Portugal recht bekannte Keramikkünstler José Franco, der in Sobreiro, einem weiteren Dorf nahe Mafra ein Aldeia Típica erbaut hat, eine Art Museum, Miniaturpark mit Keramikgeschäft und Restaurants. Dieses ist mit kleineren Kindern durchaus einen Besuch wert, da es viel zu sehen gibt.
Aus Mafra kommt auch ein sehr beliebtes im Holzofen gebackenes Sauerteigbrot, welches backwarm am Morgen in Beuteln an die Türen der Häuser von Mata Pequena gehängt wird und damit die Grundlage für ein leckeres Frühstück schafft.
An Wochenenden werden hin und wieder besondere Aktivitäten angeboten, wie beispielsweise ein Abend mit einem traditionellen Geschichtenerzähler (allerdings auf Portugiesisch), geführte Wanderungen zum Meer, oder zu den Windmühlen der Umgebung.
Wir haben schon viele schöne Wochenenden dort verbracht, mit befreundeten Familien, mit angereisten Eltern oder einfach allein mit unseren Kindern. Manchmal kommen wir am Wochenende auch nur auf einen Kurzbesuch vorbei, um auf der netten Terrasse des kleinen Restaurants Tasquinha do Gil eine leckere Mahlzeit einzunehmen. Denn ein so idyllisches Dorfrestaurant gibt es sonst kaum irgendwo in der näheren Umgebung.
Aldeia Mata Pequena
Informationen und Reservierungen:
aldeiadamatapequena.com
Anfahrt:
Von Lissabon mit dem eigenen Auto auf der A8 nach Norden fahren, dann bei der Ausfahrt 5 die A21 nach Mafra nehmen. Hier die Ausfahrt 3 nach Mafra (Este) nehmen und über São Miguel de Alcainça und Arrifana nach Mata Pequena weiterfahren.
GPS (Parkplatz): 38.89611188073358, -9.320224373311694
Mitbringen:
Spiele für Hof und Straße, Fahrräder, Dreiräder und Roller eignen sich natürlich besonders, um die alte Dorfstraße gebührlich zu nutzen. Warme Kleidung, Regenschirme und Taschenlampen sind in den kühleren Jahreszeiten sicherlich nützlich.
Ausflugsziele in der Nähe:
Palacio Nacional de Mafra: palaciomafra.gov.pt
Vulkan Penedo do Lexim: 38.892449, -9.311165
Tapada de Mafra: tapadademafra.pt
Aldeia Típica Sobreiro: www.cm-mafra.pt/pages/1088
2 Kommentare
Ui, das sieht nach einem echt coolen und touristenfreien Geheimtipp aus, oder? Vielleicht solltest du es nicht allzu sehr promoten, damit es so hübsch bleibt 😉
LG
Jenny
Nun ja, ein richtiger Geheimtipp ist Mata Pequena in Portugal seit Jahren nicht mehr. Du musst schon rechtzeitig reservieren, damit Du auch tatsächlich eines der Häuser bekommst. Trotzdem lohnt sich ein Aufenthalt auf jeden Fall. Wir mögen auch speziell die beiden Gastgeber Ana und Diogo, die wirklich ausgesprochen nett sind. Und da Mata Pequena tatsächlich ein sehr kleines Dorf ist, freuen wir uns eigentlich eher, als dass wir uns unwohl fühlen, wenn im Nachbargarten eine andere Familie frühstückt, potentielle Freund*innen für unser beiden Töchter. Alles ist sehr überschaubar und weit entfernt von einer „Ferienanlage“.