Die beliebteste Holzstegwanderung Portugals
Seit einigen Jahren hören wir immer wieder von diesem ungewöhnlichen Wanderabenteuer nahe dem Douro-Tal in Portugals Norden. Ungewöhnlich schon deshalb, weil das Wandern in Portugal eher nicht so beliebt ist, wie in Nord- und Mitteleuropa. Dies mag vielleicht verwundern, wenn man allerdings einmal eine Wanderung durch sommerliche portugiesische Wälder getätigt hat, versteht man das weit verbreitete Desinteresse, denn Hitze und wenig Schatten sind die permanenten Begleiter jeder Wanderung. So führt auf viele Gipfel Portugals eher eine Straße, als ein Wanderweg. Trotzdem lässt es sich in diesem Land herrlich wandern, vor allem in den vielen Bergen Nordportugals, wenn man eben nicht gerade nur im Sommer zugegen ist.
Eine prächtige schwarzgrüne Libelle mit großen blauen Augen schwirrt vorbei, einige Meter entfernt, schräg über uns ein grünbrauner Girlitz, der sein schönes Lied mit großem Enthusiasmus vorträgt. In der Ferne Ziegengemecker und seit Millionen von Jahren ohne jegliche Unterbrechung das kräftige Rauschen der Paiva.
Die Passadiços do Paiva sind innerhalb Portugals längst kein Geheimtipp mehr. Sie gewinnen seit Jahren den Oscar der innovativsten europäischen Touristenattraktionen (World Travel Award) und spätestens seit sie 2017 einem Waldbrand zum Opfer fielen, wurden sie durch die portugiesischen Medien landesweit bekannt gemacht. Seit Mai 2015 wird der Holzstegweg durch eine der längsten Fußgängerhängebrücken der Welt ergänzt. Die 516 Arouca ist 516 m lang und überquert in einer Höhe von 175 m den Fluss. Die Überquerung der Brücke ist sicherlich ein außergewöhnliches Abenteuer, was jedoch erst ab 6 Jahren möglich ist und auch dann nur mit einem Guide erfolgt. Ihr müsst Euch für die Überquerung ein nicht ganz preiswertes Ticket erwerben und seid dann auch auf einen Zeitpunkt festgelegt, den Ihr einhalten müsst.

Wir haben uns an einem langen Wochenende im Juni, dass durch Lissabons Stadtheiligen nur in der Hauptstadt zum langen Wochenende wurde, auf den Weg nach Norden aufgemacht und ein sehr schönes, kleines Ferienhaus im Douro-Tal gemietet. Von dort war die Anfahrt mit etwa einer Stunde kurvenreicher Fahrt durch die Serra da Freita vergleichsweise kurz. Die Landschaft ist geprägt von weiten Hochplateaus, Schluchten, Flüssen und Tälern, in denen es viel zu entdecken gibt. Der Parkplatz an einem der Endpunkte des Holzstegwegs, dem Flussstrand Areinho, ist großzügig angelegt, aber doch an diesem Wochentag relativ voll. Direkt daneben gibt es eine hübsche Strandbar, die Casa do Areinho, wo Ihr den Beginn der Wanderung leicht noch ein wenig hinauszögern könnt. Hier kann man sehr gut speisen und es werden sogar einige vegane und vegetarische Speisen angeboten. Der Flussstrand selbst ist sicher auch einen eigenen Besuch wert.

Ein kleiner Weg führt dann flussabwärts und nach wenigen Metern seht Ihr bereits die beeindruckende Holztreppenkonstruktion, die die Wandernden hier atemlos an den höchstgelegenen Streckenabschnitt befördern. Dieser erste Aufstieg ist anstrengend, aber durchaus bequem. Von hier oben könnt Ihr neuerdings mit etwas Mut und einem gültigen Ticket den waghalsigen Spaziergang über die neue Hängebrücke Arouca 516 unternehmen und auf der anderen Seite den hübschen Wasserfall Cascata das Aguieiras bestaunen. Außerdem befindet sich dort auch der Dreschplatz der Hexen (Eira das Bruxas), ein mythischer Ort, um den sich einige portugiesische Legenden ranken. Als wir hier oben vorbei kommen, stehen allerdings nur die großen Betonpfeiler bereit und warten geduldig auf die Fertigstellung der Brücke.

Wir spazieren nun gemütlich an einer sestierenden Ziegenherde vorbei und klettern die Holzstege und Treppen wieder hinab ins Tal, in einen Abschnitt ohne Straßen und Dörfer, nur eingeklemmt zwischen steilen Hängen, Felsen und Fluss. Aber doch kaum gefährlich und ziemlich bequem.

Nun wandern wir Kilometer um Kilometer, treffen hin und wieder Gruppen, die aus der Gegenrichtung kommen, picknicken am Wegesrand und sorgen uns, als man uns gegen 18 Uhr erklärt, dass wir noch immer nicht die Hälfte der Strecke bewältigt haben. Diese wird markiert durch einen weiteren hübschen Flussstrand (Praia fluvial do Vau) und eine einladende Hängebrücke, die zur anderen Flussseite führt. An diesem Flussstrand findet Ihr auch Picknickplätze und Toiletten, sowie ein sporadisch geöffnetes Café. Solltet Ihr hier an einem heißen Sommertag hier vorbei kommen, könnte es sich lohnen, hier ein erfrischendes Bad in der Paiva einzuschieben.

Etwas später erreichen wir die beeindruckende Stromschnelle Gola do Salto, an der die Paiva durch ein enges Felsentor schießt, ein Ort, der gerne für Wildwasser-Rafting genutzt wird. Hier könnt Ihr von einer kleinen Aussichtsplattform direkt oberhalb der Stromschnelle hinunter in das sprudelnde Inferno schauen. Ganz entspannt geht es dann auf recht waagerechten Holzstegen dem fernen Ende des Weges in Espiunca entgegen, wo eine weitere hübsche Open-Air-Bar die müden Wandernden empfängt. Von hier könnt Ihr dann mit einem Taxi die kurvenreiche Rückfahrt zum Ausgangspunkt antreten.

Den iberischen Wolf und auch den Fischotter haben wir leider während unserer Wanderung nicht erspäht, wohl aber einige hübsche Vögel und eine Vielzahl von Insekten. Lia hat über 36 Raupen gezählt, außerdem einige schöne Steine mit Quartzeinschlüssen kilometerweit transportiert und begeistert Äste in den Fluss geworfen. Unserer knapp 4 jährigen Laura war der Weg zu lang und auch zu langweilig, und obwohl sie den größten Teil der Strecke getragen wurde, will sie sobald keine „Brücken“ mehr sehen.

Der Arouca Geopark, zu dem das Paiva Flusstal zählt, wurde 2009 von der UNESCO als geologisches Erbe der Menschheit anerkannt und bietet viele weitere Abenteuer für Familien, Wanderungen, spannende Museen und ein paar ausgesprochen hübsche, traditionelle Dörfer. Auch das nahe Douro-Tal hat einiges zu bieten. Wir haben den folgenden Tag in dem kleinen Vergnügungspark Magikland nördlich des Douro in Penafiel verbracht, der Attraktionen vor allem für kleinere Kinder bietet.

Tickets:
Am besten rechtzeitig vorab im Internet erwerben, da es nur eine beschränkte Anzahl pro Tag gibt:
passadicosdopaiva.pt/en
(Ab 10 Jahren 2 Euro/Person)
Sollten bereits alle Tickets ausverkauft sein, so können einige umliegende Restaurants bei Besuch weitere Tickets verkaufen.
Für die Überquerung der Brücke müsst Ihr ebenfalls ein Ticket erwerben:
516arouca.pt
(Ab 6 Jahre: 10-12 Euro/Person)
Öffnungszeiten:
April
Wochentags: 9:00 – 18:00 Uhr
Wochenende, Feiertage: 9:00 – 19:00 Uhr
Mai bis September
Täglich: 8:00 – 20:00 Uhr
Oktober bis März
Täglich: 9:00 – 17:00 Uhr
Weitere Informationen:
passadicosdopaiva.pt
Start: 40.952868, -8.176916
Ende: 40.992798, -8.211443
Anfahrt
Mit dem Auto zum Startpunkt des Weges (Praia Fluvial do Areínho, diese Laufrichtung ist günstiger, da Ihr den schwersten Teil der Wanderung dann direkt am Anfang bewältigen könnt). Taxis bringen Euch für etwa 15 Euro pro Fahrt zurück zum Ausgangspunkt.
Restaurants unmittelbar am Weg:
Casa do Areinho
Praia Fluvial do Areínho
Geöffnet:
Mo – Fr 8:30 – 15:00 Uhr
Sa – So 8:30 – 17:00 Uhr
instagram.com/casadoareinho
Bar do Vau
Praia Fluvial do Vau
Sa – So 10:00 – 17:00 Uhr
(vermutlich nicht immer geöffnet)
facebook.com/profile.php?id=100057435400542
Bar Dos Passadiços
Espiunca
Geöffnet: 9:00 – 19:00 Uhr
facebook.com/Bar-dos-Passadiços-501484783341886/
Sehenswürdigkeiten am Weg:
Cascata das Aguieiras
maps.app.goo.gl/X6j9yKmuxcaJYbUK7
Eira das Bruxas
maps.app.goo.gl/sPbuAww5zp5ECGCH8
Beobachtbare Tiere
Iberischer Wolf, Eurasische Fischotter, Füchse, Wildschweine, Dachse, viele Vogelarten (z.B. Girlitz, Wasseramsel, Gänsegeier, Eisvögel, Graureiher), Feuersalamander, Smaragdeidechsen und die harmlose Vippernatter
Unterwegs an der Paiva
Der Weg besteht größtenteils aus Holzstegen und Treppen. Ein leichter, faltbarer Kinderwagen kann dennoch auf mindestens zwei Dritteln des Weges eingesetzt werden. Wir selbst haben ein Tragegestell für unsere Jüngste dabei gehabt.
River Rafting und Canyoning
Einige Anbieter laden zu verschiedenen Wasseraktivitäten ein. Im Winter könnt Ihr mit Euren Kindern, sofern sie älter als 5 Jahre sind, in der Paiva River Rafting unternehmen. Im Sommer wird Canyoning angeboten. Wir haben beides mit unseren Kindern ausprobiert, allerdings nicht hier an der Paiva. Waren aber alle begeistert. Ein guter Anbieter scheint Clube do Paiva zu sein. Er bietet schon seit 2003 Aktivitäten an der Paiva an.
Arouca Geopark
Webseite: aroucageopark.pt
In der näheren Umgebung:
Frecha da Mizarela
Der mit 75 Metern Fallhöhe höchste Wasserfall Portugals befindet sich ebenfalls in der Serra da Freita und ist unbedingt einen Ausflug wert.
maps.app.goo.gl/9vxD6fzZaWXqDtxx8
Pedras Parideiras
Ihr findet die Gebärenden Steine ebenfalls in der Serra da Freita im Arouca-Geopark. Es handelt sich um Granitblöcke, aus denen kleine, runde Steine durch natürliche Erosionsprozesse „abgesprengt“ werden, was sie wie gebärende Steine erscheinen lässt.
maps.app.goo.gl/kvibBvzqRurey37Z8
Aldeia da Paradinha
Das malerische Schieferdorf Paradinha liegt auch an der Paiva, etwas oberhalb des Startpunktes der hier beschriebenen Wanderung. Seine traditionellen Schieferhäuser fügen sich harmonisch in die umgebende Natur ein. Direkt am Fluss Paiva gelegen verfügt es sogar über einen hübschen Flussstrand. Wenn Ihr Ruhe und Entspannung sucht, oder gerne wandert, könnt Ihr Euch hier eine authentische Unterkunft suchen. Paradinha zählt zu den schönsten und unberührtesten Dörfern der Gegend.
maps.app.goo.gl/pvFrSX9MWydHX4VT8
Aldeia de Meitriz
Das charmante Schieferdorf Meitriz liegt ebenfalls an der Paiva, noch etwas weiter flussaufwärts und eingebettet in eine idyllische, grüne Landschaft. Seine traditionellen Granit- und Schieferhäuser erzählen von einer langen ländlichen Geschichte und verleihen dem Dorf eine besondere Atmosphäre. Obwohl es klein und ruhig ist, eignet sich Meitriz ebenfalls hervorragend als Ausgangspunkt für Wanderungen in die nähere Umgebung. Speziell der Wanderweg Rota das Tormentas, der hier beginnt, gilt als einer der schönsten Wanderwege der Region.
maps.app.goo.gl/1WPHp7KbFupEvEE47

6 Kommentare
Hallo Jens,
wir haben gerade 12 Tage mit unseren Kindern drei Kindern (9,11,11) in Portugal verbracht und dabei mehrere deiner Tipps ausprobiert. Insbesondere diese Wanderung hat uns sehr viel Spaß gemacht, auch wenn der Weg zurzeit ab der Hälfte gesperrt ist. Mit Hin- und Rückweg kommt man dann trotzdem auf die 8 km, was unsere Kinder problemlos durchgehalten haben.
Was wir auf der Rückreise Richtung Lissabon noch entdeckt haben ist im Distrikt Santarem „Pegadas de Dinossauros de Vale de Meios“. https://www.serrasdeaireecandeeiros.com Ein sehr cooler Ort (ohne Eintritt), an dem sich Dinosaurierspuren von Theropoden und Sauropoden finden lassen.
Herzlichen Dank für deine tollen Tipps und diese Internetseite, die wir auch schon direkt weiterempfohlen haben. Und natürlich müssen wir unbedingt nochmal wiederkommen!
Herzliche Grüße aus Köln, Iris & Familie
Hallo Iris,
wie schön, dass Ihr auch an der Paiva ward. Schade, dass der Weg gerade nicht komplett zugänglich ist. Und vielen Dank für den Tipp zu den Pegadas de Dinossauros de Vale de Meios. Dort waren wir auch noch nicht, was wir aber unbedingt ändern müssen.
Herzliche Grüße aus Lissabon,
Jens
Hallo Jens,
Wir haben uns für unsere Elternzeit-Reise den Holztreppenwanderweg vorgenommen und Vorgestern war es dann soweit.
Es hat sich echt gelohnt, Landschaftlich wunderschön! Wir sind mit der Babykraxe in 5,5Std hin und zurück gewandert, Badepausen nicht mitgerechnet 😉
Vielen Dank für den schönen Blogeintrag, ohne Dich hätten wir diesen tollen Ausflug wohl nicht auf unserer Todo-Liste gehabt.
Viele Grüße
Franziska, Daniel und Fabian
Hallo Franziska,
vielen lieben Dank für Euer Feedback. Diese Wanderung ist tatsächlich wunderbar geeignet für Babies in der Babykraxe. Falls Ihr noch in Portugal seid. In diesem Jahr waren wir auf mehreren ähnlichen Holzstegen unterwegs. Der schönste davon für uns der Ecovia do Vez ganz im Norden Portugals, wo man sogar noch besser baden kann und über den ich deshalb auch bald schreiben werde.
Euch dreien wünsche ich noch herrliche Tage hier!
Herzliche Grüße, Jens
Hallo Jens, Wir haben deine Seite zufällig bei unserer Vorbereitung für unseren Portugal Urlaub mit unseren drei Söhnen gefunden. Ich hatte dich persönlich angeschrieben, und gleich eine Antwort auf meine Fragen bekommen. Vielen Dank dafür. Diesen Ausflug haben wir noch nicht gemacht, wir sind am Strand von Villa do Conde, und die Kinder sind vom Strand einfach nicht weg zu bekommen, Von hier sind es circa 1,5 Stunden Autofahrt. Euch ans Herz möchte ich aber auch einen anderen schönen Ausflug empfehlen: es ist ein Ausflug in die Berge an einem Wasserfall. Hier kann man wunderbar in den Becken bei warmen Wasser schwimmen und auch in die Gumpen springen. Hier im Hinterland ist es im August 15° wärmer als am Strand. Also perfekt für das Verweilen im Fluss. Fisgas de Ermelo. Habt ihr schon mal gesehen, wie der Harz von Pinienbäumen gewonnen wird? Hier in den Wäldern kannst du es sehen. Im Bergdorf Ermelo Haben wir einen Stop auf ein Getränk genommen. Hier sind wir mit anderen Portugiesischen Gästen ins Gespräch gekommen.
Viele Grüße von Jens mit Familie
Hallo Jens,
ja, die Strände sind perfekt für einen erholsamen Familienurlaub. Wir habe unseren diesjährigen Urlaub auch zum großen Teil dort verbracht. Und ja, das Problem ist tatsächlich, dass es am Strand (ausgenommen nahe Lissabon und an der Algarve) oft viel frischer ist, als im Hinterland. Euren Tipp mit dem Wasserfall Fisgas de Ermelo habe ich mir direkt notiert. Danke! Die Harzgewinnung habe ich zwar schon hin und wieder mal gesehen, aber meist nur im vorbei wandern. Sicherlich seid Ihr inzwischen wieder zurück geflogen. Hattet Ihr zuvor noch schöne Tage hier?
Herzliche Grüße,
Jens